Interview mit Petro Tyschtschenko

Alle unter Euch, die damals in den 1990er-Jahren einen C64 oder Amiga hatten, werden ihn kennen. Und heute haben wir tatsächlich die Ehre ein Interview mit „Mr. Amiga“ persönlich zu führen: Petro Tyschtschenko! Wir freuen uns sehr euch das Interview hier auf Warsow-Arena präsentieren zu können – natürlich mit einigen interessanten Fotos, die uns Petro freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Viel Spaß beim Lesen!

WA: Hallo Petro! Vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Die meisten Leser werden dich eher nicht persönlich kennen. Vielleicht kannst du dich einfach mal vorstellen?

PT: Hallo liebe Amiga Enthusiasten und solche die es noch werden wollen! Mein Name ist Petro Tyschtschenko, geboren in Wien am 16.April 1943. Verheiratet seit 1970 und Vater von zwei Kindern: Tochter Tanja geboren 1972 und Sohn Taras geboren 1974. Bin schon dreimaliger Opa. Ich habe 1982 in der Deutsche Commodore GmbH in Frankfurt angefangen. Seit dieser Zeit habe ich eigentlich alle Höhen und Tiefen bei Commodore und bei Amiga hautnah miterlebt.

Petro Tyschtschenko Commodore 1995
Petro Tyschtschenko bei Commodore 1994

WA: Amiga-Fans werden dich ja primär als ehemaligen Chef von Amiga Technologies kennen. Wie bist du eigentlich zum Amiga und Amiga Technologies gekommen? Hast du schon immer mit Computer zu tun gehabt und stehst du eigentlich immer noch in Kontakt mit den ehemaligen Amiga-Mitarbeitern?

PT: Als Commodore Konkurs angemeldet hatte, das war 1994, war ich im Internationalen Logistik Bereich als Direktor tätig. Ich hatte viel Spaß bei Commodore und wollte die tolle Produktpalette einfach nicht mehr missen. Da habe ich nach einem Investor als Nachfolger gesucht und die Escom AG in Heppenheim gefunden. 1995 wurde ich dann Geschäftsführer bei der Amiga Technologies GmbH, einer 100% Tochtergesellschaft der Escom AG. Leider ging die Escom AG 1996 ebenfalls in den Konkurs und Amiga damit auch. Ich habe dann zum zweiten Mal versucht Commodore und Amiga am Leben zu erhalten. Das gelang mir dann schließlich nach vielen Entbehrungen Gott sei Dank wieder.

Ich fand den US Konzern Gateway 2000 und wurde Präsident von Amiga International, von 1996 bis April 2001. Gateway entwickelte leider keine neuen Produkte und hatte dann 2001 an Amiga International kein Interesse mehr und suchte einen Käufer. Der neue Erwerber Bill Mc Even wollte dann Amiga International nicht mehr weiter auf der gleichen Organistion am Leben erhalten. Ich habe dann gekündigt und mich selbstständig gemacht. Seit derzeit kamen leider keine neuen Impulse seitens des neuen Investors.


Petro Tyschtschenko im Messegespräch

WA: Leider gibt es den Amiga in seiner ursprünglichen Hardware-Form nicht mehr. Lediglich das Betriebssystem AmigaOS wird als Software noch weiterentwickelt. Welche Fehler seitens Commodore, Escom und Gateway haben deiner Meinung nach zum mehrfachen Untergang des Amigas geführt?

PT: Unser Amiga war der Zeit damals weit voraus. Ein tolles Betriebssystem, die Hardware war okay.. aber selbst wenn man technisch gesehen Vorteile mitbringt aber keine Neuentwicklung schafft, veraltet das beste System in unserer heutigen schnelllebigen Computerzeit. So war es auch. Keine neuen Entwicklungen – und der Amiga wurde zum Retro-Computer.

WA: Wer hat aktuell eigentlich die Rechte an den Markennamen Commodore und Amiga? Besteht die Chance, dass irgendwann mal wieder eine eigenständige Firma wie Amiga Technologies stehen wird?

PT: Da bin ich echt überfragt, ich meinen da gibt es Cloanto und Hyperion. aber wie da Lizenzen für wen auch immer existieren. Ich weiß es nicht!
Neue Firma… wäre schön, aber ist sehr schwierig. Die Zeiten sind heute anders gepolt. TV, Smartphone, Computer.

WA: Du hast bestimmt auch von der inzwischen ebenfalls untergegangenen Firma Commodore USA gehört, die moderne PC-Hardware in Gehäusen mit der Form eines C64 und Amiga mit Commodore-Aufschrift verkauft habt. Hattest du mal Kontakt zu den Machern und wie fandest du deren Idee?

PT: Ich habe mich da rausgehalten und auch keine Kontakte geknüpft. Für mich gab es eigentlich nur die unveränderte Technologie als Retro-Computer.

WA: Obwohl es Commodore und Amiga in der ursprünglichen Form nicht mehr gibt, so existieren dennoch kleinere Projekte z.B. von Hyperion, A-Eon und ACube Systems, die den Amiga weiterhin die Stange halten. Verfolgst du diese aktuellen Entwicklungen rund um den Amiga? Begrüßt du diese Initiativen? Welche Tipps würdest du den Machern geben?

PT: Natürlich verfolge ich solche Strategien, ich finde alle diese Aktivitäten super, den das erhält unseren geliebten Amiga am Leben. Ich kann nur sagen weiter so.


Petro Tyschtschenko (r.) mit Soundmagier Chris Hülsbeck (l.)

WA: Angenommen du könntest Amiga Inc. morgen als CEO übernehmen und Bill Gates – weil er Amiga dann doch etwas sympathischer findet wie Apple – würde dir 100 Mio. Startkapital geben: Wie würdest du an das Revival herangehen? Wie würden für dich die perfekten Next-Generation Amiga (z.B. „Amiga 1500“ für Heimanwender und „Amiga 5000“ für Professionals) aussehen? Würdest es unter dir neben Desktop-Rechnern auch Notebooks („AmigaBook“), Tablets („AmigaTab“), Amiga-Smartphones („AmigaPhone“) und Amiga-Spielekonsolen („AmigaBox“) geben? Was wären deine Visionen?

PT: Sei mir nicht böse, aber darüber habe ich mir wirklich noch keine Gedanken gemacht. Ich finde unsere Amiga Gemeinde einfach Spitze. Die vielen Clubs und die vielen Events und die GamesCom mit der Retro-Etage – toll. Viele Ideen, viel Aktivitäten. Ich hoffe so wird es noch lange weitergehen.

WA: Was viele interessieren dürfe: Gab es von Amiga Technologies neue Amiga-Prototypen die es nie zur Serienreifer gebracht haben? Wie hießen diese, wie waren sie ausgestattet und warum haben sie es nicht in die Läden geschafft?

PT: Es gab zum Schluss 1996 bevor die Muttergesellschaft von Amiga Technologies GmbH, die Escom AG Konkurs anmeldete, eine Initiative zur Neuentwicklung: Der sogenannte Walker. Durch den Konkurs konnte jedoch dieses Projekt und die Veröffentlichung nicht initialisiert werden.

WA: Hast du selbst eigentlich auch noch einen Amiga oder arbeitest bzw. zockst du inzwischen doch eher auf einem klassischen PC? Wie sieht dein damaliger und heutiger Amiga-Fuhrpark aus?

PT: Habe keinen Fuhrpark mehr. Öffentliche Verkehrsmittel sind jetzt meine Welt und ein kleiner Toyota Jaris. Meine komplette Sammlung habe ich einer Softwarefirma zur Verfügung gestellt und die betreibt in der Schweiz ein Retromuseeum.


Petro Tyschtschenko Gamescom 2016

WA: A propos arbeiten… Letzte Frage und dann darfst du wieder zurück an deinen Amiga: Was machst du aktuell so, wenn du nicht gerade mit Fragen rund um das Thema Amiga gelöchert wirst?

PT: Seit meinem 65. Lebensjahr habe ich eigentlich zwei Jobs:
Zum einmal bin ich weltweiter OBC (On Board Courier) zunächst habe ich Stammzellen für Krebskranke transportiert und heute fliege ich für namhafte Industrieunternehmen Cargo in alle Welt. Außerdem betreibe ich noch ein Export Geschäft für Deutsche Messinstrumente. Bei der Gelegenheit möchte ich auf mein Buch verweisen: „Meine Erinnerungen an Commodore und Amiga“ das ich über Amazon vertreibe. Da könnt Ihr alle meine Geschichte rund um Commodore und Amiga nachlesen.

WA: Vielen Dank für das Interview, Petro! Ich wünsche weiterhin viel Spaß und Erfolg auf deinen Wegen.

PT: Herzlichen Dank … und ich wünsche allen Computer Retro Enthusiasten viel Spaß beim Sammeln und beim Weiterentwickeln. Viel Freude und Aktivitäten. Bei Atari, Sinclai, Commodore, Nintendo und und und… Lange lebe unser Amiga!

Fotos bereitgestellt von Petro Tyschtschenko.

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